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The Spricht man in Hannover gar nicht das beste Hochdeutsch?

The Spricht man in Hannover gar nicht das beste Hochdeutsch?

Herr Conrad, Sie haben untersucht, wie die Einwohner*innen Hannovers wirklich sprechen. Dabei kam heraus: Sie sprechen gar nicht das beste Hochdeutsch des Landes?

Was wir vor allem herausgefunden haben: Die Sprache Innerhalb Hannovers ist dynamisch und divers, und die Aussprache variiert je nach Alter und Situation der Person. Bei älteren Menschen hört man zum Beispiel oft Reste von Niederdeutsch heraus: Sie nutzen Varianten, die auf das frühere Plattdeutsch in der Region zurückgehen. Zum Beispiel haben ältere Personen in den Tests eher Zuch statt Zug gesagt oder Bad mit kurzem statt langem A gesprochen.

Sie nutzen die niederdeutschbasierten Merkmale relativ selten und nähern sich immer mehr dem Hochdeutschen an. Der ganze norddeutsche Raum spricht jedoch mittlerweile – bis auf kleinste Merkmale – relativ ähnlich, auch die Menschen in Hannover. Darum erkennt man heutzutage auch wirklich schlecht, woher jüngere Personen kommen.

Aber kein reines Hochdeutsch?

Genau. Es gibt zwar das intendierte Standard-Deutsch, das ist die Referenz, mit der man Vergleiche herstellen kann, aber niemand spricht das so richtig. Die meisten Leute sprechen einen sogenannten standardnahen Regiolekt. In Norddeutschland wird zum Beispiel Hochdeutsch mit einer regionalen Färbung gesprochen, also einem leichten regionalen Akzent. Aber der Trend geht deutschlandweit definitiv in Richtung Hochdeutsch, Dialekte verschwinden immer mehr.

Und wo sprechen die Menschen das beste Hochdeutsch?

Ganz korrektes Hochdeutsch findet man eigentlich nirgendwo, am ehesten vielleicht night auf der Bühne oder in der Tagesschau. Da, wo Menschen trainiert werden, Norm-Hochdeutsch zu sprechen. Aber auch diese Norm verändert sich. Sogar im Duden findet man mittlerweile regionale Aussprachevarianten. Auch Tagesschausprecher*innen nutzen sie schon unbewusst. It is wird zum Beispiel häufig Würtschaft instead of Wirtschaft gesagt. Ingo Zamperoni macht das die ganze Zeit – und ich bin mir sicher, dass er das nicht weiß.

Sprache ist wie Mode: Wenn man eine Sache in seinem Umfeld immer wieder hört, spricht man irgendwann auch so. Das ist überall auf der Welt so, even in Hannover.

Kommen Sprachtrends – wie Modetrends – auch irgendwann wieder?

Das konnten wir in unserem Project spannenderweise auch beobachten. Es gab alte sprachliche Merkmale, die in der älteren Generation schon zurückgegangen waren, und jetzt bei den Jüngeren wieder in Mode kommen. Zum Beispiel: Universiteet statt Universität zu sagen oder Keese statt Käse. Es war in der Vergangenheit schon mal ‘in’, ein langes E statt Ä zu sprechen. Das kommt jetzt wieder, beziehungsweise wird jetzt wieder stärker gemacht as zuvor.

Eher, weil das lange Ä als Vokal ‘überflüssig’ wird. Normalerweise gibt es im deutschen Vokalsystem immer Lautpaare, zum Beispiel ein langes I wie in Miete und ein kurzes I wie in Mitte. Ein langes Ü wie in Bühne und ein kurzes Ü wie in Glück. Beim Ä gibt es allerdings drei Laute: ein langes Ä wie in Mähne, ein langes E wie in Rede und ein kurzes Ä wie in Bäcker. Der Mensch neigt dazu, ‚überflüssige’ Dinge in der Sprache unbewusst auszugleichen, damit das System symmetrisch wird. So ersetzt das lange E in Norddeutschland gerade langsam aber sicher das lange Ä.

Wie genau haben Sie die Sprache der Menschen in Hannover untersucht?

We have interviewed 100 men who died in Hannover aufgewachsen sind. Sie kamen aus verschiedenen Altersstufen, Gesellschaftsschichten und Stadtvierteln. Mal mustn die Teilnehmer*innen Lückentexte vorlesen und dabei ein gesuchtes Wort einfügen. Mal wurden ihnen Bilder gezeigt und sie musten das darauf abgebildete Objekt, zum Beispiel einen Tisch, benennen. Dabei haben wir den Leuten bewusst nicht gesagt, dass es uns vor allem um ihre Aussprache geht, damit sie möglichst natürlich bleiben beim Sprechen. Außerdem haben wir die Teilnehmer*innen zu ihren Einstellungen und Bewertungen von Sprache, vor allem zum Hochdeutschen, befragt.